Vampire auf Conventions: Teil 3 – Sicherheitstechniken und meine Erfahrung mit der X-Card

Bevor ich zu der eigentlichen Gestaltung des Abenteuer bzw. Szenario eingehe, mag ich in diesen Beitrag meine Erfahrungen mit der X-Card vorstellen und allgemein auf das Für und Wider verschiedener Sicherheitstechniken im Rollenspiel eingehen.

Auch wenn das Wort „Sicherheitstechniken“ gewichtig klingt, ist es nicht so, dass das Rollenspiel gefährliches Hobby ist. Man muss sich keine Sorgen um körperliche oder seelische Unversehrtheit der Beteiligten machen.
Die unterschiedlichen Techniken und Methoden, sollen dazu dienen das Rollenspiel in der Runde allen Beteiligten Spaß, Unterhaltung, ein intensives Erlebnis und im ganzen eine gute, positive, coole Erfahrung bietet. Unabhängig davon, ob es hinsichtlich des Schwerpunkt oder auch Genre Action, Horror, Simulation, Drama, Romanze ist oder einen anderen Fokus hat.

Meine X-Cards zur NordCon & FeenCon
Meine X-Cards zur NordCon & FeenCon

Inhalt

  • Praxis: Meine Erfahrungen
    • Wie kommen Sicherheitstechniken auf Conventions an? (Don’t Panic)
    • Wie vertragen sich Sicherheitstechniken und Vampire: Die Maskerade?
    • Der Anfang: Die Rundenausschreibung
    • Der Kern: Die X-Card
      • Wurde sie gezogen? Was ist passiert?
  • Theorie: Zur Auswahl
    • Ein kleiner Tipp
  • Grenze: Sicherheitstechniken können nicht alles
  • Sicherheitstechniken: Weshalb man sie einsetzen mag
    • Sie helfen beim Spiel auf Conventions (allgemein mit Unbekannten)
    • Sie helfen beim Spiel in der eigenen Gruppe
    • Sie helfen zurückhaltenderen Spieler*innen
    • Sie helfen bei der Vertiefung ins Spiel, gerade im Horror Genre
    • Sie helfen dabei das Spielverständnis aus einer Ebene zu halten
    • Sie können ein Meta-Steuerungselement bieten
  • Sicherheitstechniken: Weshalb man sie nicht einsetzen mag
    • Die Gruppe kennt sich sehr lange und intensiv
    • Die Gruppe hat bereits (implizite) Sicherheitstechniken
    • Die Gruppe lehnt den Meta-Aspekt ab
    • Die SL mag oder kann nicht improvisieren
    • Die Gruppe hat ein System oder Abenteuer wo es keinen Sinn ergibt
    • Man hat keine Zeit
  • Referenzen

Teile der Artikel-Serie

Vampire auf Conventions: Teil 1 – Die Grundlagen
Vampire auf Conventions: Teil 2 – Die Spieler-Charaktere
Vampire auf Conventions: Teil 2.1 – Die Spieler-Charaktere, Ergänzung und der Klüngel
 
Vampire auf Conventions: Teil 3 – Sicherheitstechniken und meine Erfahrung mit der X-Card
Vampire auf Conventions: Teil 4 – Szenario Gestaltung

Praxis: Meine Erfahrungen

Ich möchte zunächst einen Einblick in meine, ganz praktischen, Erfahrungen geben.

Wie kommt die Verwendung von Sicherheitstechniken auf Conventions an?

Nachdem ich bereits einige Jahre auf Conventions leite, waren die NordCon sowie die FeenCon die ersten beiden Conventions auf denen ich die X-Card bei meinen Runden einsetzte. Das ich es zuvor nicht tat, lag daran das ich entweder die Methode nicht kannte, kein richtiges Bewusstsein dafür hatte oder mich nicht damit befasste.

Bei beiden Conventions war ich sehr nervös, wie es von den Spieler*innen angenommen wird. Diese Sorge war jedoch vollkommen unbegründet:

Am Tisch wurde die X-Card ausschließlich positiv aufgenommen!

Das heißt, wenn ihr wie ich recht aktiv in den sozialen Medien seit und verschiedene Diskussionen um die X-Card mitbekommt. Es ist nicht einmal im Ansatz so dramatisch wie es dort mitunter dargestellt wird. Nicht nur das es keine Temper Tantrums kriegt, man wird dafür auch nicht schief angesehen und es kommt sogar positiv an.
Selbst wenn man, wie ich bei den FeenCon, die X-Card nicht auf dem Rundenzettel erwähnte.

Gerade auch wenn man sich vielleicht sorgt „Hm, bei Horror hat da man vielleicht ein schwierigeres Publikum?“. Die Sorge ist meiner Erfahrung nach unbegründet.
Gerade die Horror-Aficionados zeigten ein aktives Interesse daran.

Wie vertragen sich Sicherheitstechniken und Vampire: Die Maskerade?

Meiner persönlichen Meinung nach ausgezeichnet. Der „persönliche Horror“ bezieht sich auf die Figur, nicht darauf das Mitspieler beim Spiel persönlichen Horror durchleben sollen. Dementsprechend haben alle Editionen von Vampire den Hinweis, dass man seine Mitspieler*innen anständig und respektvoll behandeln soll.

Die 5. Edition von Vampire: Die Maskerade stellt in ihrem letzten Kapitel „Considerate Play“ (Rücksichtsvolles Spiel) unter anderem verschiedene Sicherheitstechniken und Kalibrierungs-Methoden vor.

V5 - Inhaltswarnung - Zitat zum Thema Monster
Dies ist ein Spiel über Monstren. Es ist aber nur ein Spiel.
Nutze es nicht als Entschuldigung selbst ein Monster zu sein.

Insofern sehe ich es als gesetzt an, dass man ohne Probleme Vampire spielen kann, den personal horror oder allgemeinen Horror intensiv umsetzen und dabei die ein oder andere Sicherheitstechnik nutzen kann.

Gerade auch weil ich die These aufstelle, dass wenn man weiß das es ein Sicherheitsnetz gibt, man sich eher mehr wagt als ohne diese. Das heißt, wenn ich als Spielleiterin die X-Cards hinlege, habe ich weniger Probleme intensivere Szenen zu bringen oder mit jüngeren Personen zu spielen, als ohne.

Der Anfang: Die Rundenausschreibung

Die erste Begegnung mit dem Spieler ist die Beschreibung der Runde auf dem Zettel.
Hierbei Beispiele meinerseits findet ihr in den Artikeln zur NordCon und FeenCon.

Neben den Rahmenbedingungen wie das System, Uhrzeit, vorgefertigte Charaktere, versuche ich geneigten Interessenten mit der Beschreibung einen ersten Eindruck zu geben und Informationen:

  • Der Kern des Szenario, um was es geht und womit sich die Charaktere befassen.
    Bei der FeenCon zeigte sich, dass der eher Action orientierte Ansatz der Anarchen und der Politik orientierte Ansatz der Camarilla sich letztlich auch so um Spiel ausprägte.
  • Damit eine sehr grobe, atmosphärische Tonlage und weitere Informationen.
    Wie das man Vampire spielt, ebenso das je nach Szenario Drogen eine größere Rolle spielen.
  • Das die Spieler hinsichtlich des Ziels eigene Entscheidungen treffen können.
    Zumindest ist es das, was ich mit den offenen Fragen anzudeuten versuche.

Im Grunde entspricht dies bereits weitestgehend der CATS-Methode. Wobei ich keinen eigenen Kasten für die Themengebiete mache.

Eine meiner X-Card zur NordCon & FeenCon

Der Kern: Die X-Card

Ich persönlich habe mich für den Einsatz der X-Card entschieden. Die Entscheidung basiert auf drei für mich relevanten Faktoren:

  1. Die X-Card ist einfach in der Anwendung
    Man tippt drauf oder hebt sie hoch wenn man etwas nicht mag. Das ist ein Vorgang, der an und für sich einfach und leicht ist. Man muss sich keine Liste merken, keine Ampel bedienen,… einfach drauf tippen oder hoch heben und fertig.
    Womit es auch für mich als Spielleiterin recht einfach zu sehen ist.
    Gerade da die Karten auf dem Tisch liegen.
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  2. Die X-Card erfordert keine Vorab-Kommunikation
    Problematische Themen oder Aspekte werden dadurch kenntlich gemacht, dass man auf die X-Card drauf tippt.
    Spieler*innen haben die Freiheit, nicht vor der Runden einer anderen (häufig fremden) Person zu erklären was sie im allgemeinen als belastend empfinden oder was sie gerade im Leben an Herausforderung haben die sie nicht am Tisch sehen möchten.
    Spieleiter*innen müssen sich nicht vor dem Spiel mit einer variablen Liste von schwierigen Themen befassen und mit Informationen seitens (häufig fremder) Personen zurecht kommen die vielleicht schwieriger sind.
    Das heißt, ich mag als Spielerin nicht unbedingt einer Spielleiter und mitunter nicht mal meinen engsten Freunden erzählen was mich aktuell fertig macht. Wenn ich selbst Spielleiterin bin, ohne das bös zu meinen, wüsste ich nicht wie ich mit allzu persönlichen Problemen meiner Mitspieler*innen umgehen sollte.
    Es kann für andere keine Hürde darstellen, für mich ist es nicht so einfach.
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  3. Die X-Card ist eine Sicherheitsmechanik und kein Spielelement
    Der Einsatz der X-Card wirkt sich natürlich auf das Spiel und die Spielelemente aus.
    Wenn sie gezogen wird, wird das Spielelement schließlich entfernt, die Szene verändert oder die Szene übersprungen. Das ist etwas, was ich mir als Spielleiterin zutraue spontan umzusetzen. Ich könnte mir auch vorstellen, ein Element nur abzuschwächen.
    Eine Verstärkung eines Element hinzukommt, wie bei der Ampel oder O-Card, ist jedoch etwas das mir persönlich nicht liegt. Gerade in Systemen die darüberhinaus keine Meta-Spieltechniken haben.

Angesichts dessen, dass ich für bis zu 7 Spieler*innen leite, entschied ich mich gleich zwei X-Cards für die Runden anzubieten. Schlicht, damit man nicht über den ganzen oder dreiviertel des Tischs greifen muss um sie zu aktivieren.
Alternativ, könnte ich an jeden eine ausgeben. Womit ich mich allerdings als SL mehr umsehen müsste.

Die X-Cards selbst hatte ich nicht ausgedruckt und laminiert, sondern ich zupfte schlicht zwei Blätter aus meinen Notizblock und kennzeichnete sie entsprechend. Anschließend werden beide Blätter gezeigt und ich setze zu meiner kleinen Erklärungsrede an:

Ich setze bei dieser Runde die X-Cards als Sicherheitsmechanik ein.
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Die Karten dienen dazu, dass ihr einfach anzeigen könnt wenn ihr eine Thematik oder einen Aspekt im Spiel nicht mögt und lieber raus hättet.
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Wenn das der Fall ist, tippt ihr eine der Karten einfach an, oder hebt sie hoch. Ich werde dann das Element entfernen, austauschen oder zur nächsten Szene springen.
Ich werde euch nicht nach Gründen fragen und ihr braucht euch dafür nicht zu rechtfertigen.
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Je nachdem werde ich durchaus fragen, welches Element ihr gemeint habt. Das heißt, ob es in einer Szene zum Beispiel „die Spinne“, „der Hund“ oder „das Kind“ oder etwas anderes ist, welches ein Problem darstellt.
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Die X-Card ist eine Sicherheitsmechanik, keine Spielmechanik, dass heißt sie ist dafür gedacht das ihr Spaß am Spiel habt, weniger ein Mittel einen Gegner zu beseitigen.

Bisher funktionierte dies soweit ausgezeichnet.

Der Hinweis darauf, dass ich mich nach dem Element erkundige, verstößt gegen eine strikte Interpretation der Beschreibung der X-Card von John Stavropoulos.
Ich würde dahingehend eingestehen, dass ich vielleicht Zettel verteile, damit die Person nicht allen sagen muss, dass es etwas ist was andere vielleicht für harmlos halten.

Den letzten Satz braucht es eigentlich nicht, denke ich. Wobei in der letzten Runde der FeenCon einige jüngere Spieler es recht amüsant fanden, wohingegen der Vater (?) nicht ganz so begeistert schien. Letztlich ist es einerseits ein Überbleibsel meiner Angst vor den in Online-Diskussionen skizzierten Trolls und andererseits ist es mir halt wichtig das es eine Sicherheitstechnik und keine Spielmechanik ist.
Vermutlich lasse ich den Satz bei weiteren Runden raus.

Wurde sie gezogen? Was ist passiert?

In den insgesamt 6 Runden, in denen ich die X-Card nutzte, kam sie (leider) nicht zum Einsatz.

Es ist einer der Gründe, weshalb ich überlege den Hinweis das es keine Spielmechanik ist rauszunehmen. Vielleicht schreckt der ehrliche Anwendungen ab.

Meine X-Cards zur NordCon & FeenCon
Meine X-Cards zur NordCon & FeenCon

Theorie: Zur Auswahl

Es gibt mittlerweile recht viele Sicherheitstechniken respektive Werkzeuge zur Unterstützung der Runde respektive des Spielerlebnis.

In Bezug auf die 5. Edition von Vampire habt ihr zunächst die Auswahl der Techniken im Anhang des PDFs. Dabei ist es so, dass man nicht alle Techniken einsetzen muss oder gar sollte. Der Versuch könnte recht frustrierend im Chaos enden.

Wer unter den Tools nichts für sich findet, oder eine frühere Edition von Vampire hat, der kann ein Blick auf die englischsprachige Übersicht über unterschiedliche Support Tools werfen oder die deutschsprachiger Übersicht verschiedener Sicherheitstechniken von Tina Trillitzsch nutzen.

Ein kleiner Tipp

Wenn man sich dafür entscheidet Fragen nach Tabu-Themen zu stellen, kann es hilfreich sein zusätzlich zu der Frage:

„Was magst du nicht im Spiel haben?“
Die Frage zu stellen:
„Wo sind deine Grenzen im Spiel?“

Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass die geführte zweite Frage, eine sichere Antwort aus Personen rauskriegt, die anderenfalls auf die erste mit „Es gibt da gar nix“ geantwortet hätten. War zumindest meine Lektion aus dem sehr intensiven End of the Line Larp, wo mitunter sehr körperbetont gespielt wurde (mit der zweiten Frage).

Grenze: Sicherheitstechniken können nicht alles

Die Sicherheitstechniken dienen dazu das man in einer bestehenden oder neuen Gruppe von Spieler*innen ein Spielerlebnis hat bei dem am Tisch niemand ungewollt über eigene Grenzen muss.
Sie sind keine Mittel, mit dem man Personen die destruktiv agieren wollen von der Handlungsweise abgehalten bekommt.

Das heißt, sie lassen sich in diesem Rahmen, ebenso missbrauchen wie nahezu alle anderen expliziten wie impliziten Regeln des Zusammenspiels.

Dazu kommt, dass die Sicherheitstechniken im Pen & Paper Rollenspiel, nicht dazu dienen zu erkennen welche Personen destruktiv sind und diese dahingehend einzudämmen. Es gibt im Larp dahingehend Bemühungen, es ist allerdings herausfordernd. Ich empfehle dahingehend die Lektüre von Why Your LARP’s Safety System Will Fail: A Hacker’s Guide to Engineering Player Safety (Matthew Webb).

Sicherheitstechniken: Weshalb man sie einsetzen mag

Für den Einsatz von Sicherheitstechniken gibt es einige, meiner Meinung nach, gute Gründe. Von denen ich einige aufführen mag.

  • Sie helfen, beim Spiel auf Conventions (allgemein mit Unbekannten)
    Wenn ich auf einer Convention spiele oder Runden leite, weiß ich sehr wenig über meine Mitspieler*innen und diese wissen sehr wenig über mich.
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    Verschiedene Themen kann ich aus meiner Erfahrung mit anderen Rollenspielern abstrahieren. Ich persönlich habe an sich keine Probleme mit Kindern in Horror-Szenarien. Ich weiß jedoch, dass sehr viele andere meine – ich sag mal eher blasé – Haltung bezüglich des Thema nicht teilen.
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    Sicherheitstechniken können hierbei helfen das Spiel für alle Anwesenden so zu gestalten, dass es eine coole Spiel-Erfahrung wird. Was für mich gerade dann wichtig ist, wenn ich Spieler für ein System wie Vampire in der 5. Edition begeistern möchte.
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  • Sie helfen, beim Spiel in der eigenen Gruppe
    Es kann sein, dass man in einer Gruppe spielt, glaubt die Spieler bereits seit Jahren zu kennen, und doch neue Seiten erfährt.
    Ebenso kann es sein, dass man seit Jahren zusammen spielt, jedoch nicht wirklich sehr intensiv mit dem Leben der anderer vertraut ist. Nicht das man schlecht befreundet wäre, sondern das man einfach noch keinen Anlaß sah, sich derart intensiv einander anzuvertrauen.
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    Als Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung. Es hat sich ebenso ergeben, dass ein sehr nahes Familienmitglied von mir verstorben ist. Während der Zeit konnte ich weder Giovanni spielen noch das Giovanni-Spiel genießen, da mich beides zu sehr belastete. Ebenso mochte ich nicht mit meiner Spiel-Gruppe über diesen Verlust reden.
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    Auch daneben kann man es zum besseren Spiel miteinander nutzen.
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  • Sie helfen zurückhaltenderen Spieler*innen
    Ich persönlich bin gerade auf Conventions, egal ob ich leite oder spiele, super nervös. Das bringt mit sich mit, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich mich in einer Art und Weise verhalte, die gegen das was ich als „Norm“ verstehe angeht oder die „stört“.
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    Das heißt, ohne weitere Mechanik, sitze eher da und leide ein ganz gutes Stück mit, als das ich sage „Das versaut mir den Spielspaß“. Ich denke es mir mitunter, ich jammere danach vielleicht Freunde zu, aber ich werde sehr wahrscheinlich nicht aufstehen oder laut.
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    Sicherheitsmechaniken bieten dahingehend ein in der Gruppe akzeptiertes Mittel Störfaktoren zu äußern und thematisiert bevor es eskaliert oder Material für einen Eintrag in das Buch „Meine schlechtesten Rollenspielrunden“ gibt.
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  • Sie helfen bei der Vertiefung ins Spiel, gerade im Horror Genre
    Ich persönlich sehe mir sehr gerne einmal einen Horror-Film an und habe auch früher mit Freunden unterschiedlichste Horror-Filme genoßen.
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    Hierbei hilft es meiner Erfahrung nach dem Genuß ungemein, wenn man weiß das Grenzen die man nicht überschreiten will, nicht überschritten werden und es eine Akzeptanz gibt.
    Sicherheitsmechaniken bieten dahingehend die Möglichkeit entweder vorab zu kommunizieren wo aktuell die Grenzen liegen, sich mitten drin dahingehend bemerkbar zu machen oder unkompliziert herauszunehmen.
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    So das man im übertragenen Sinne nicht vor der Herausforderung steht das man zwischen Battle Royal 1 & 2, Ichi The Killer, Versus, Happiness of the Katakuries alles cool und problemlos empfand und einem bei Visitor Q ernsthaft und uncool schlecht wird. Wie es meinereiner in Bezug auf die genannten Filme erging.
    Nur weil einem jetzt von Visitor Q anders wurde, heißt es auch nicht das man keine Horror-Filme mehr schauen sollte.
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  • Sie helfen dabei das Spielverständnis aus einer Ebene zu halten
    Wenn man ein bestimmtes Setting spielt, kann es zu drastisch unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich des Genre kommen.In einer Comedy Runde oder eine die auf Zeichentrickserien der 80er basiert können Splatter-Szenen oder ernstes Drama deplaziert wirken. In einer eher ernsten Drama Runde kann es passieren das man die Comedy Einlage störend empfindet. Es kann sein das man in einer Action Runde keinen nennenswerten Fokus auf Romanze haben will. Und dergleichen mehr.
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    Abhängig von der verwendeten Sicherheitstechnik kann man dahingehend regulieren. Selbst mit der X-Card, die ich für relativ wenig spielsteuernd erachte und einsetze, kann man beispielsweise spontane, größere Flachwitz-Einlagen aus der Maskerade Runde raushalten.
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  • Sie können ein Meta-Steuerungselement bieten
    Es gibt Mechaniken wie die O-Karte welche man antippt, um anzuzeigen das die Szene gerne intensiver sein darf.
    Es gibt Mechaniken wie die Ampel, wo man ein grüne, gelbe und rote Karte, hinlegt.
    Tippt man die grüne Karte an, ist es gut und die Szene darf gern intensiver werden. Tippt man die gelbe Karte an, ist es okay und gerade so richtig.
    Tippt man die rote Karte an, ist es drüber und quasi wie eine X-Card.
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    Darüber kann man den Mitspielern eine Gestaltungsmöglichkeit geben, die andernfalls vielleicht von einem System wie Vampire nicht gegeben wäre.
    Ebenso kann man die X-Card dahingehend verwenden, dass die Person welche sie zeigt einen Vorschlag bringen darf.

Sicherheitstechniken: Weshalb man sie nicht einsetzen mag

Es gibt Gründe welche gegen den Einsatz von Sicherheitstechniken sprechen und dabei durchaus ihre Berechtigung haben. Ich mag auch hier von einige aufführen.

  • Die Gruppe kennt sich lange und sehr intensiv
    Wenn man sich sehr lange und gut kennt oder schon ewig miteinander spielt, kann es schlicht sein, dass man keine Sicherheitsmechanik braucht. Einfach weil der Fall sich nicht ergeben hat und wohl auch nicht ergeben wird.
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    Sicherheitsmechaniken sind ein Angebot an Gruppen, kein Imperativ das man sich jetzt unbedingt zu ändern hat.
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  • Die Gruppe hat bereits (implizite) Sicherheitstechniken
    Ähnlich wie der Gruppenvertrag müssen Sicherheitstechniken nicht unbedingt fest niedergeschrieben sein. Es gibt Gruppen in denen gibt es Absprachen wie:
    „Wenn jemand ein Problem hat, sagt man dies sofort“
    „Wenn jemand ein Problem, steht die Person auf und geht weg [kurz]“
    „Wenn jemand ein Problem hat, wird dies vorab mit dem Spielleiter abgesprochen“
    „Wir weisen am Anfang jeden darauf hin das es hier total krass abgeht“
    „Bei uns weiß jeder, das X, Y und Z tabu sind“
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    Es gibt viele Wege wie man mit der Gruppe sicherstellen kann, dass es zu keinen Grenzüberschreitungen kommt. Nicht jede Gruppe braucht dafür eine der nieder geschriebenen Sicherheitstechniken.
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  • Die Gruppe lehnt den Meta-Aspekt ab
    Eine Sicherheitstechnik bringt nahezu immer einen Meta-Aspekt in das Spiel ein, den es ohne sie nicht gegeben hätte. Das heißt, man muss beachten nicht über die Lines zu gehen und die Veils entsprechend beachten. Man muss die X-Card, O-Card, die Ampelkarten oder Gestiken im Auge behalten. Das liegt manchen Gruppen und Spielleitungen, anderen nicht.
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  • Die SL mag oder kann nicht improvisieren
    Es kann sein das die Spielleitung nicht improvisieren möchte oder kann.
    Es liegt nicht jedem einfach eine Szene umzuschreiben nachdem die X-Card angetippt wurde. Gerade wenn vielleicht das Szenario daran hängt.
    Es liegt nicht jedem eine Szene zu intensivieren oder abzuschwächen.
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    Ich selbst habe weiter oben geschrieben, dass ich die O-Karte nicht mag, weil ich keine Szenen intensivieren kann. Was ein bisschen gelogen ist. Vermutlich könnte ich es, ich will es aber nicht. Vielleicht will es mal und es macht Spaß, aber Heute ist nicht der Tag. Das ist legitim.
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  • Die Gruppe hat ein System oder Abenteuer wo es keinen Sinn ergibt
    Wenn man My Little Pony: Tails of Equestria, Golden Sky Stories, So nicht, Schurke!, Laser Kittens oder ein ähnlich fluffiges, herzerwärmendes Spiel leitet, kann die Verwendung einer Technik die vor schwierigen Themen schützen soll recht überflüssig wirken.
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    Tatsächlich würde ich behaupten, dass ich bei Golden Sky Stories mit X-Card für einen ganzen Moment lang irritiert wäre, und mich fragen würde was da der Spielleitung für ein Szenario vorschwebt.
    Man kann argumentieren, dass man bei Rollenspielen die sich derart an ein jüngeres Publikum richten, gerade wenn es nur Erwachsene spielen, vielleicht ein paar Grenzen braucht, allerdings kann ich auch verstehen wenn es eher befremdet.
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    Das gleiche gilt für entsprechende Abenteuer Szenarien. Wenn sich das Abenteuer um Wettschwimmen im See dreht, die Apfelernte oder so Saber Rider im Stil der 90er (wo es nur zurück in die Phantom Zone ging und keine toten gab), kann es sein das es eher unnötig ist.
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  • Man hat keine Zeit
    Nicht das stärkste Argument, allerdings durchaus eins welches ich persönlich in Betracht gezogen hatte.
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    Wenn ich auf einer Convention oder einer Messe eine Stunde Zeit habe, um der Gruppe Rollenspiel, das Setting, das Spiel zu erklären und ein kleines Szenario durchzuziehen, ist Zeit ein Problem.
    Das betrifft sowohl die Zeit welche es benötigt die Technik zu erklären, als auch der Umstand das man dort bereits ohne dies den Interessierten viele Informationen gibt.
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    Wobei es als weitere Konsequenz heißt, dass ich mir beim leiten mehr Mühe geben muss die Spieler im Blick zu behalten, um etwaige Probleme umgehen zu können.

Referenzen

Hinsichtlich der Aussage das Larp nicht gefährlich ist, empfehle ich die Lektüre des Artikels Dangers of Larp and of Dating von Johanna Koljonen. Dieser hat zwar Larp als Fokus, lässt sich jedoch gut auf andere Rollenspielformen übertragen.

Die Technik CATS (Concept, Aim, Tone, Subject Matter) stammt von Patrick O’Leary.

Die original X-Card von John Stavropolous auf Englisch. Eine englischsprachige Übersicht über unterschiedliche Support Tools.

Die X-Karte übersetzt von Julian Kluge.  Ein deutschsprachiger Überblick bzgl. verschiedener Sicherheitstechniken von Tina Trillitzsch.

Betrachtung der Herausforderungen von Sicherheitsmechaniken und der Ausnutzung durch böswilligen Personen im Larp: Why Your LARP’s Safety System Will Fail: A Hacker’s Guide to Engineering Player Safety (Matthew Webb).

Meine X-Cards zur NordCon & FeenCon

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