Beim lesen der „Predator Types“ in der V5 stolperte ich etwas über den „Cleaver“.
(Die Predator Types beschreiben die Jagdmethoden des Spieler-Charakter bis zum Spielbeginn)
Der englische Begriff „Cleaver“ habe ich vor allem in der Übersetzung als Hackbeil präsent, weshalb er bei mir in erster Linie als „Hackbeilmörder“ registrierte.
Die Beschreibung zielt jedoch auf einen Vampir ab der sich von seiner bzw. einer menschlichen Familie ernährt und sich an diese klammert.
Der Unterschied ist durchaus frappierend, und führte dazu das ich auf der GenCon dachte einen Diableristen zu spielen, anstelle eines, nunja, Familienmensch.
Was heißt eigentlich „Cleaver“?
Cleaver als englischer Begriff kann Hackbeil bedeuten, muss es aber nicht. Er kann ebenso für Begriff als Kletten (Galium aparine) genutzt werden oder als Wort für kleben bzw. klammern.
Daneben gibt es die amerikanische Serie Leave it to Beaver (1957-63), welche sich rund um die Geschicke der Familie Cleaver drehte. Die Serie zeichnete das Bild einer guten, amerikanischen Kleinfamilie so überzeugend, das der Familienname Synonym für eine perfekte Kernfamilie (nuclear family) wurde.
Die Serie lief zwar in Deutschland unter „Erwachsen müsste man sein“, hatte jedoch nach meiner Kenntnis keinen vergleichbaren Erfolg und war mir gänzlich unbekannt.
In Bezug auf die V5 beschreibt die Jagdmethode einen Vampir der eine Familie hat, seine eigene oder eine adoptierte, und sich von ihr ernährt.
Es besteht zwar die Gefahr, dass die Camarilla oder ein älterer Vampir die Familie auslöscht, zum Allgemeinwohl und eventuell gar zum besten des Vampirs, damit es zu keinem Maskeradebruch kommt, allerdings gibt es jenseits dessen keine Verweise auf körperliche Gewalt gar mit Hackbeilen.
Wieso Alternativen?
Damit andere Spieler einen klaren Begriff haben.
Weil ich es recht interessant und kurzweilig finde darüber nachzudenken. Vielleicht weil mir aktuell noch etwas der Familien-Faktor in der V5 fehlt, den zuvor die Giovanni boten.
Zu den Familien-Alternativen…
Biedermeier
Die Biedermeier-Epoche und das Bild der Biedermeier-Familie ist das erste was mir zu dem Thema „harmonisches deutsches Familienbild“ einfiel. Noch bevor ich an verschiedene Serien dachte.

Ich müsste lügen, ohne den Blick auf Wikipedia mehr als das Bild bzw. den Stil vor Augen gehabt zu haben. Allerdings erscheint es mir, auch nach der selektiven Lektüre von Wikipedia als passend.
Die Epoche formte das Verständnis der Familie als eigene Einheit, die Familien zur Biedermeierzeit sind groß genug als das ein Vampir auf die Idee kommen könnte.
Biedermeier ist ein Begriff der sowohl älteren als auch neueren Vampiren geläufig sein sollte, und der durchaus nicht ausschließlich positiv belegt ist, sondern den man mit einer gewissen Spießigkeit assoziert. Wohl weil es mit der Formung des Bürgertums einherging. Ein Umstand der wiederum auch nahelegt das man es als Selbstbezeichnung wählen könnte.
Aktuell ist es mein favorisierter Begriff.
Fräggel
„Fräggels das sind wir, tonnenweise Dosenbier“ (Hach, meine Jugend).
Das aus der Jim Henson Schmiede stammende Fraggle Rock war nicht nur in den USA ein ziemlicher Hit, sondern auch in Deutschland. Es ist zwar keine klassische Familie, allerdings irgendwo müssen die ganzen Fräggels ja herkommen, und viel raus kommen sie nicht.

Es wäre sicherlich kein Begriff der einem Mitglied der Camarilla über die Lippe käme, für Anarchen oder andere rebellischere, jüngere Vampire könnte es durchaus passen.
Auch dann wenn sich jemand bewusst und aus Überzeugung heraus dazu entscheidet eine Familie aufzubauen und sie ggf. sogar einzuweihen. Die Camarilla, die Second Inquisition und andere die drauf aus sind die Familie zu ermorden könnten als Gorgs beschimpft werden.
Nun, und wenn ich dran denke das ich als Kind andere Mitmenschen mal Fräggel nannte … wäre es wohl auch halbwegs Maskeradegerecht.
Stepfords
Basierend auf den Roman The Stepford Wives von Ira Levin aus dem Jahr 1972, der zwei Verfilmungen nach sich zog, erscheint mir der Begriff Stepfords passend. Bei dem Buch wie auch den Filmen handelt es sich um satirische Thriller die sich dem Idealbild des amerikanischen Vorort widmen.

Auch wenn dieser im Original eine Gemeinde bezeichnet und keine Familie, finde ich den Begriff geeignet.
Er würde im Gegensatz zu den meisten anderen Begriffen hervor heben, das was der Vampir dort in Bezug auf seine Familie macht in der Regel kein moralisch gutes Handeln ist und eine Erklärung bieten weshalb er mit dieser Jagdmethode wahlweise eine Spezialisierung auf Gaslighting oder Vertuschung erhält.
Daneben passt der Horror- bzw. Thrilleraspekt von den Frauen von Stepford ausgezeichnet zu Vampire.
Beimers, Drombuschs
Es gibt auch im deutschen Fernseh‘ mehr oder weniger funktionale Familienserien. Darunter die Familie Beimer, mit Mutter Beimer, sowie die Familie der Drombuschs.

Ich persönlich habe weniger als eine handvoll Folgen Lindenstraße gesehen, und keine Folge der Drombuschs, zumindest keine an die ich mich erinnere. Daher kann ich nur eingeschränkt beurteilen wie gut sie passen. Ich vermute mal es könnte hinhauen.
Waltons, Tetzlaff, Biedermann und mehr,…
Natürlich gibt es noch weitere Optionen, weitere Familien bei denen man sich hinsichtlich des Namens entlehnen kann oder die als Inspiration dienen können.
Eventuell sogar für neue Jagdmethoden..

Biedermann, Teztlaffs, Bundies, Waltons und mehr…
Biedermann, nach Biedermann und die Brandstifter, würde sich anbieten wenn man deutlich zum Ausdruck bringen will für wie dämlich und naiv man die Jagdmethode hält.
Die Tetzlaffs aus Ein Herz und eine Seele als Referenz bietet sich eventuell an wenn man den Vampir als Ekel (Alfred) sieht, die Bundies aus Married with Children wenn man den Humor brachialer mag. Die Waltons sind mir als funktionierende amerikanische Familie eingefallen, die hier nicht so arg unbekannt wie die Cleaver sind.
In gänzlicher Unkenntnis des Original bieten sich vielleicht auch Lönneberga oder Svensson an, also wie Michel aus Lönneberga. Schließlich scheint sich auch Leave if to Beaver hauptsächlich um ein Kind zu drehen, welches regelmäßig Unsinn macht.
Zu den anderen Alternativen…
Klette, Familienklette
Cleaver hat unter anderen die Bedeutung einer Person die sich an andere klammert bzw. krallt. Eine solche Person bezeichnete man in meiner Jugend mitunter auch als Klette.
Vielleicht nach dem Klettverschluß, hauptsächlich aber nach den Kletten die man nach dem toben im Grünen ggf. an sich pappen hatte.
Der Begriff dürfte durchaus passen.
Als eher neckender Begriff könnte man auch zum Klammeraffen bzw. Klammeräffchen greifen.
Familienfreund, Familientier, Gesellschaftstier
Wären etwas freiere Alternativen. Die soweit den Kern gut treffen sollten.
Diskussionen…
Wenn ihr weitere Vorschläge habt, Meinungen oder sowas, einfach melden.
Entweder direkt hier, auf Facebook, auf RSP-Blogs oder an den vielen Orten wo ich den Artikel hin verteile. Besonderen Dank geht schonmal an die fB Gruppe, von der ich viele Ideen entliehen bzw. bekommen habe.
Kleines Fazit
Ich bin gespannt wie es übersetzt wird und darüber nachzudenken war kurzweilig.
Meiner Meinung nach kann der Familienfaktor bei V:tM kaum hoch genug sein und ich bin mir noch nicht sicher ob ich das Thema Cleaver nicht noch weiter beackere (*mumblemumble*IchVermisseDieGiovanni*mumblemumble*).
Warum nicht einfach Spießer oder Spießbürger?
Das besondere an den Cleavers war, dass sie nicht nur eine Fernsehfamilie waren, sondern eine idealisierte 50er-Jahre-Familie mit Auto, Häuschen im Vorort und all den anderen Mittelklassetrappings aus der guten alten Zeit, bevor die Kommis und die Hippies alles was gut und all-american ist Ruiniert(TM) haben. Ein krasser und ironisch benutzter Gegensatz zu den dysfunktionalen, mit Blutsbanden und Domination mühsam zusammengekitteten Familien, die Cleaver heranzüchten. – Ein echtes deutschsprachiges Äquivalent aus der Ära mit ähnlichem Bekanntheitsgrad gibt es nicht – Familie Schölermann (D) und Familie Leitner (Ö), Familienserien aus den 60ern, sind heute weitgehend vergessen.
Die Waltons kommen den Cleavers am nächsten, was Machart und Bekanntheitsgrad in D angeht.
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Ich denke auf die Begriffe kam ich aus zwei Gründen nicht.
Einerseits hatte ich hauptsächlich nach vergleichbaren Familien gesucht. Heißt, von den Nicht-Familien Begriffen fiel mir selbst nur die Klette bzw. Familienklette ein.
Andererseits ist Spießen oder gar Spießbürger für mich ein fast ausschließlich negativ belegter Begriff. Das heißt, dabei denke ich mehr an Leute die ihre Hecke auf Normmaße drehen und andere angiften anstelle an eine funktionale oder gar ideale Familie.
Wobei ich mich dem dann mit der Biedermeier Familie schon etwas angenährt habe, finde ich. Wurde so halt nur soweit mir bekannt nicht in Film oder Fernseh umgesetzt,
Ansonsten könnten vermutlich noch andere Serien aus den 50ern bis 70ern rankommen. So etwas wie Bezaubernde Jeannie, Verliebt in eine Hexe, Jetsons oder später Serien wie Unsere kleine Farm oder Full House. Fand das nur weniger griffig und oftmals hat es noch dominierende andere Aspekte.
Wegen der meist doch sehr dysfunktionalen Natur des Cleavers – wenn der Charakter in Bezug auf die Familie die Maskerade nicht gänzlich hinten über kippt – kam ich auf „Stepfords“ 🙂
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Warum nicht der Begriff „Tartuffe“ (französisch gesprochen) als spöttischer Ausdruck unter den älteren Vampiren? Das wäre ein Verweis auf eine bekannte Komödie von Moliere aus dem Barock, in der ein Betrüger sich in eine Familie „einlädt“ und diese fast in den Ruin treibt, bevor er doch verhaftet wird. Es muss ja kein perfekter Vergleich sein. Der kulturelle Einfluss zählt sicher mehr. Obwohl man bedenken könnte, dass Moliere damals nichts für die high society war…
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tartuffe
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Das scheiterte bei mir an der mangelnden Kenntnis von Moliere und meinen ausbaufähigen französisch Kenntnissen. Wobei die Idee für die Gruppe oder auch für einen Ahnen durchaus was hat.
Gerade wenn er arme Ahn den den dummen Anarchen erklärt das er quasi sowas meint wie das neumodische Biedermann Stück ^^
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Spaßfakt zu Moliere: Miles Malleson, einer der großen Hammer-Film-Darsteller (u.a. als Totengräber in Horror of Dracula und Dr. Tobler in Brides of Dracula), war ein großer Bewunderer von und Übersetzer für Molieres Theaterstücke ins Englische. Und interessanterweise ist ausgerechnet die englischsprachige Adaption von Tartuffe eine der Malleson-Übersetzungen.
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Sehr interessant 😀
Habe einmal Molière bei Wikipedia nachgeschlagen und konnte immerhin zwei seiner Werke dunkel in meinen Erinnerungen finden.. also das ich schonmal davon gehört hab ^.^
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